Die häufigsten Einwände gegen Green Software. Und gute Antworten darauf. Teil 1

Green Software ist für viele Menschen immer noch neu. Kein Wunder, dass manche zunächst skeptisch reagieren. Ich stelle hier, im ersten Teil, die ersten 5 der Top 10 der kritischen Reaktionen vor und gebe Antworten darauf.
1. Software verbraucht keinen Strom. Entscheidend ist sparsame Hardware.
Umgekehrt wird ein Schuh draus: Die Hardware verbraucht überhaupt nur wegen der Software Strom. Nur dafür wird sie angeschafft und betrieben. Green Software setzt also bei der Ursache an. Bessere Hardware ist wichtig, kann aber nur die Folgen abmildern.
2. Unser Rechenzentrum ist bereits klimaneutral.
Klimaneutral bedeutet, dass Rechenzentren Ökostrom beziehen und ggf. CO2-Zertifikate kaufen. Beides ändert nichts an der Stromerzeugung in Deutschland: Dadurch wird kein Stück Kohle weniger verbrannt, auch kein Gas oder Öl eingespart. Hinzu kommt, dass erneuerbare Energien bisher nur begrenzt verfügbar sind. Deshalb ist es umso wichtiger, den Strombedarf von Rechenzentren durch Green Software zu senken. Dies verringert direkt die Menge fossiler Rohstoffe, die zur Stromerzeugung verbrannt werden. Es gilt das Motto: „Der grünste Strom ist solcher, der erst gar nicht erzeugt werden muss“.
3. Was bitte soll an dieser Code-Zeile grün sein oder nicht grün?
Sourcecode sieht harmlos genug aus. Es klebt kein Etikett darauf, das die CO2-Emissionen anzeigt. Doch natürlich ist die nötige Rechenzeit eine direkte Folge des Sourcecodes. Und zwar zum großen Teil von solchem Sourcecode, den man gar nicht selbst schreibt. Sondern in Form von Frameworks und Libraries einbindet, die ihrerseits oft mehr leisten, als benötigt wird. Der wichtigste Tag im Projekt ist daher womöglich der, an dem die Software-Architektur festgelegt wird und damit die Frameworks.
4. Wir entwickeln schon immer ressourceneffizient. Was soll daran neu sein?
In vielen Projekten spielen Lastverhalten und Performance ohnehin eine große Rolle. Allerdings zielen Lasttests auf Maximal-Situationen ab und Performance-Tests auf einzelne Transaktionen. Beide Ansätze ermitteln nicht die optimalen Einstellungen für den Stromverbrauch unter Normallast. Bessere Performance erfordert sogar oft mehr Ressourcen, höhere Lastgrenzen ebenfalls. Energieeffizienz ist eine andere Zielsetzung, mit der man auch zu anderen Ergebnissen kommt. Hierfür benötigt man dedizierte Tests, die durchaus überraschende Ergebnissen haben können. So führt zum Beispiel der im Prinzip richtige Ansatz, Server hoch auszulasten, nicht automatisch zu den stromsparendsten Lösungen. Green Software stellt andere Fragen, daher kommt man zu anderen Lösungen.
5. Green Software macht keinen großen Unterschied beim Stromverbrauch.
Es gibt riesige Unterschiede zwischen Software-Produkten, die das Gleiche leisten. Den Extremfall bilden Kryptowährungen. Ethereum gibt an, durch den Wechsel von Proof of Work zu Proof of Stake über 99,9% der nötigen Rechenleistung eingespart zu haben. Aber auch gewöhnliche Software zeigt große Unterschiede: Das Umweltbundesamt ließ bereits 2015 verschiedene Produkte vergleichen. Zwei Textverarbeitungen unterschieden sich dabei um den Faktor 4. D.h. dieselben Abläufe verbrauchen 4-mal soviel Strom, wenn sie mit einer anderen Textverarbeitung ausgeführt werden!
Ich hoffe, dass Argumente Ihnen weiter bei Gesprächen weiterhelfen. Begegnen Sie weiteren Einwänden? Schreiben Sie diese gern ins Forum. Dann können wir uns dort austauschen. Unabhängig davon folgt in Kürze der zweite Teil der Top 10 der Einwände gegen Green Software.