Forum Methodik und Reporting Green Software Design Delphi Studie zu einem SLC für nachhaltige Software

  • Dieses Thema hat 2 Antworten und 3 Teilnehmer, und wurde zuletzt aktualisiert 16. September 20228:32 von Stephanie Kamp.
Ansicht von 2 Antwort-Themen
  • Autor
    Beiträge
    • #6787
      Andy Tran
      Syngenio-Admin

        Vor Kurzem konnten wir als Experten in einer Delphi Studie zu einem SLC für nachhaltige Software an der Entwicklung eines Modells mitwirken. Die Arbeit entsteht momentan. Wir halten Sie hier auf dem Laufenden.

      • #7667
        Tobias
        Mitglied

          Für meine Masterarbeit im Forschungsbereich nachhaltiger Software habe ich mich entschieden, ein Modell für einen nachhaltigen Software-Life-Cycle (SLC) zu entwickeln. Die Frage, die sich mir stellte, war, welche Aspekte der Nachhaltigkeit sind in einem ganzheitlichen Software-Lebenszyklus-Modell zu berücksichtigen? Als Ergebnis der Arbeit sollte ein SLC entstehen, der Entwickler dabei unterstützt, nachhaltige Software zu entwickeln. Das Modell soll Empfehlungen und Leverage Points in den einzelnen Lebensphasen in jeder relevanten Nachhaltigkeitsdimension für Software aufzeigen. Software wurde für diesen Ansatz aus der Sicht eines Produktlebenszyklus betrachtet und nicht aus der Sicht eines Entwicklungszyklus. Dies geschah aus dem Grund, dass mein Prüfer und ich, über die Idee der Circular Economy auf die Idee dieser Masterarbeit gekommen sind und das Modell einen Versuch des cradle-to-cradle Ansatz für Software darstellen sollte.
          Als Forschungsmethode wählte ich eine qualitative Delphi-Studie, die es mir erlaubt, mithilfe von Experten aus dem Bereich mein Modell iterativ weiterzuentwickeln. Meine erste Aufgabe bestand darin, den Rahmen für die Delphi vorzugeben. Dazu wählte ich den Nachhaltigkeitsansatz für Software nach Penzenstadler. Dieser in fünf Dimensionen eingeteilte Ansatz wurde in vier Lebensphasen für Software eingeteilt. Anforderungsmanagement und Design, Entwicklung, Wartung und Nutzung, End-Of-Life/New-Life. Durch eine Literaturrecherche befüllte ich das Modell mit Empfehlungen für die Entwicklung von nachhaltiger Software.
          Der erste Ansatz sah so aus:

          Erster Ansatz: Modell für einen nachhaltigen Lebenszyklus

          Das Modell hatte noch viele Schwächen, die mit einer Empirie aus Softwareexperten bereinigt werden sollten. Die Aufgabe der Experten bestand daraus zu kommentieren, was sie von den einzelnen Punkten, aber auch dem gesamten Modell halten und verbessern würden. Aus diesen Kommentaren bzw. Verbesserungswünschen konnte ich mein Modell weiterentwickeln:

          Neuer Ansatz nach der ersten Delphi-Runde

          Es verlor eine Nachhaltigkeitsdimension, beziehungsweise die individuelle und die soziale Dimension wurden miteinander kombiniert. Durch das Hinzufügen von einer weiteren Phase konnte die trenn-unscharfe „Sustainable Software Design“-Phase aus dem Vorgängermodell ersetzt werden. Die ökonomische Dimension verlor ihre Empfehlungen, die nicht direkt zu nachhaltiger Software passen, während die technische zielgerichteter wurde. Ansätze wie Low-Code wurden aus dem Modell geworfen, da sie sich zwar in der Theorie wie Ansätze für nachhaltige Software anhören, sie z.B. für die ökologische Dimension zu viele Nachteile bringen.
          Für diesen Blogpost bin ich nicht in der Lage alle Änderungen zu beschreiben, jedoch sollte der Unterschied nach nur einer Delphi-Runde mit den Experten zeigen, welcher Einfluss ihr qualitativer Input in das Modell hatte.
          Für die zweite und finale Runde der Delphi wurden erneut Kommentare und Änderungswünsche eingeholt, mit dem kleinen Unterschied, dass nach Ende der Deadline eine Diskussion folgte. Dort konnten sich die Experten, die bereit waren meine Studie zu unterstützen, austauschen und meine Fragen, bspw. hinsichtlich User Centric Design beantworten. Alle Teilnehmer aus der Diskussion konnten etwas dazulernen und aus diesem noch jungen Forschungsgebiet neue Kontakte kennenlernen.
          Die Ergebnisse aus der zweiten Runde führten zu meinem finalen Modell:

          die finale Version

          Hier kann man deutlich erkennen, dass es zwar weniger globale Veränderungen stattgefunden haben, aber durch die Diskussion einige Änderungen hinsichtlich einer nutzerzentrierten Sicht stattgefunden haben. Dazu wurde sehr intensiv über Werte gesprochen, da Entwickler heute sehr oft Technologien als wertneutral ansehen, was einfach nicht stimmt. Wenn wir unsere Software so entwickeln, dass sie mit unserem eigenen Wertesystem übereinstimmen, produzieren wir letztendlich nachhaltigere Software und würden unethische Aufträge nicht annehmen. Zusätzlich wurde als Anforderung für die ökologische Dimension der „Blaue Engel für Software“ aufgenommen, der den Nutzern neben einem geringen CO₂-Abdruck, Transparenz und Schutz vor Hardwareobsoleszenz verspricht.
          Insgesamt geht das Modell über die bisherigen Ansätze in der Forschung hinaus. Penzenstadler erstellte ein sehr generisches Nachhaltigkeitsmodell, dass für den Anwender keine direkten Rückschlüsse ziehen lässt. Hier wurde ein generisches Lebenszyklusmodell erstellt, dass dem Leser zeigt, wie nachhaltige Software möglich ist. Es geht über den „wir-werden-CO2-neutral“-Ansatz der meisten Unternehmen hinaus, da der Großteil des Modells die soziale Nachhaltigkeit pusht und dennoch versucht, ökonomisch zu argumentieren, warum nachhaltige Software durchführbar ist. Es ist nutzerzentriert, da selbst in der technischen Dimension Ansätze, wie die Architektur-Kompromiss-Analyse zusammen mit den Stakeholdern durchgeführt wird und in den ersten zwei Phasen eine starke Nutzerpartizipation fordert. Das Ende des Lebenszyklus versucht, das Leben von Software zu verlängern und den Weg für zukünftige nachhaltige Software zu ebnen.

          Ich freue mich über Rückfragen zu meiner Forschung und bedanke mich herzlich bei Marina Emsing und Elmar Borgmeier für ihre Teilnahme an meiner Studie!

        • #7792
          Stephanie Kamp
          Syngenio-Admin

            Hallo Tobias, Deine Ausführungen finde ich sehr spannend und auch wie sich Dein Modell mittels Delphi Studie entwickelt hat. Mich würde hier interessieren ob Du dabei näher eingrenzen kannst und möchtest auf welche Softwarearten sich Dein Modell gut anwenden ließe. Herzliche Grüße Stephie

        Ansicht von 2 Antwort-Themen
        • Du musst angemeldet sein, um auf dieses Thema antworten zu können.
        An den Anfang scrollen